Ausgabe 20/2022, Oktober

Abhandlungen

  • Dirk Meyer/Arne Hansen, Hamburg, Die Ethik-Regeln der EZB: Eine Vertrauensbasis mit Anpassungsbedarf?

    Die personelle Integrität ist bei der Bestellung von Entscheidungsträgern einer Notenbank ein überaus wichtiges Kriterium. Zudem sollten die Compliance-Regeln Vorkehrungen für ein entsprechendes Verhalten treffen, um auch nur den Anschein von persönlichen Insidervorteilen und interessengeleiteten geldpolitischen Entscheidungen hochrangiger Mitglieder zu vermeiden. Die Studie analysiert die seit Herbst 2021 öffentlich gemachten, kritikwürdigen privaten Wertpapiertransaktionen bei der US-Federal Reserve und vergleicht deren Anlagerichtlinien mit denen der Europäischen Zentralbank. Die Autoren kommen zum Ergebnis, dass die Verhaltensregeln der EZB-Ratsmitglieder auch nach deren Anpassung Ende letzten Jahres einer dringenden Überarbeitung bedürfen. Entsprechende Vorschläge beschließen den Beitrag.

  • Isa Bilgen, Potsdam, Verantwortungsvoller Parentalismus – Der Staat im Dienst der Selbstbestimmung

    Individuelle Selbstbestimmung ist Kernelement der Menschenwürde und damit ein Höchstwert der Verfassung. Dennoch scheint sich ihr Schutz auf die Abwesenheit des Staates zu beschränken. Tatsächlich ist sie zahlreichen Gefährdungen ausgesetzt. Der Beitrag will darum ihren Schutz auf das gebotene Niveau heben. Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat nicht nur zur Achtung, sondern auch zum Schutz der Menschenwürde. Will er diesen Auftrag ernstnehmen, muss er sich entsprechend in den Dienst der Selbstbestimmung seiner Bürger stellen. Dazu darf und muss er ihnen bisweilen Grenzen setzen, um ihre Verantwortungsfähigkeit zu fördern.

  • Amina Gutjahr/Victor Limberger, Frankfurt am Main, Informationelle Trennungsgrundsätze in der Sicherheitsarchitektur des 21. Jahrhunderts

    In der digitalisierten Gegenwart stellt sich die Frage, inwiefern das Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte informationelle Trennungsgebot heute noch zeitgemäß ist. Das Gebot, das eine zu enge informationelle Kooperation von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten verhindern soll, steht nicht nur durch die sicherheitsfreundliche Gesetzgebung der 00er und 10er-Jahre auf dem Prüfstand, sondern auch durch den technischen Fortschritt. Der Beitrag beschäftigt sich daher mit dem historischen Ursprung und den verfassungsrechtlichen Grundlagen dieser dogmatischen Figur und leitet sodann anhand eines ebenenübergreifenden Trennungsgedankens her, dass gerade eine informationelle Trennung der Sicherheitsbehörden in der aktuellen Gesellschaft unerlässlich ist, um nicht das bisherige Leitbild der Sicherheitsarchitektur vollständig ins Leere laufen zu lassen.

  • Johannes Gallon, Flensburg, Die Handlungsform der kommunalen Epidemiebekämpfung

    Die Bekämpfung des Coronavirus (SARS-CoV-2) erfolgte überwiegend in Form von Rechtsverordnungen der Landesregierungen und kommunalen Allgemeinverfügungen. Die exponentielle Verbreitung des Coronavirus und die endlichen Kapazitäten des öffentlichen Gesundheitswesens zeigen die Notwendigkeit von abstrakt-generellen Bekämpfungsmaßahmen im Epidemiefall, die sich nicht nur gegen einzelne Personen richten, sondern flächendeckend Kontakte zwischen Menschen beschränken. Entgegen der verbreiteten Praxis eignet sich die Allgemeinverfügung nicht für den Erlass solcher Maßnahmen. Eine auf das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt zurückgehende Regelung weist den Weg zu einer rechtskonformen Epidemiebekämpfung der Kommunen in der Handlungsform der Rechtsverordnung.

Buchbesprechungen

  • Sebastian Walisko, Die Organisation der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten – Verfassungsrechtliche und verfassungstheoretische Ăśberlegungen zu institutionellen und prozessualen Vereinheitlichungen im verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzsystem (Thorsten Siegel)
  • Armin von Bogdandy/Reinhard Mehring (Hrsg.), Heinrich Triepel – Parteienstaat und Staatsgerichtshof – Gesammelte verfassungspolitische Schriften zur Weimarer Republik (Hans-Christof Kraus)
  • Stephan Schindler, Biometrische VideoĂĽberwachung – Zur Zulässigkeit biometrischer Gesichtserkennung in Verbindung mit VideoĂĽberwachung zur Bekämpfung von Straftaten (Clemens Arzt)

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen

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