Ausgabe 2/2018, Januar
Abhandlungen
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Bettina Gausing/Christiaan Wittebol, Münster, Die Wirksamkeit von im Ausland geschlossenen Minderjährigenehen – Grundrechtsdogmatische Bewertung des neuen Art. 13 EGBGB
Seit Juli 2017 ist das „Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen“ Bestandteil des deutschen Familienrechts. Der Gesetzesbegründung zufolge dient es der Rechtsklarheit sowie dem Schutz der betroffenen Minderjährigen. Im Ausland geschlossene Minderjährigenehen erfahren in Deutschland nach der speziellen Vorbehaltsklausel des Art. 13 Abs. 3 EGBGB n.F. grundsätzlich keinerlei rechtliche Anerkennung mehr. Das Gesetz lässt in seiner Pauschalität daran zweifeln, ob der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seines Gestaltungsspielraums nicht überstrapaziert hat. Der nachfolgende Beitrag nimmt eine kritische Untersuchung der Neuregelungen aus grundrechtsdogmatischer Perspektive vor. Im Vordergrund steht die Frage, ob das Gesetz die Wirksamkeit der betroffenen Ehen im Einzelfall mit Blick auf die unterschiedlichen Grundrechtsdimensionen zu stark beschneidet.
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Fabian Michl, Münster, Schleierhafte Schleierfahndung – Zu den unionsrechtlichen Anforderungen an anlasslose Personenkontrollen
Der Beitrag behandelt die Vereinbarkeit der sog. Schleierfahndung mit dem Unionsrecht im Lichte der jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Schengener Grenzkodex. Er arbeitet ein unionsrechtliches Anforderungsprofil heraus, an dem sich die Rechtsgrundlagen der Schleierfahndung messen lassen müssen. Während sich die Unionsrechtskonformität der bestehenden Befugnisse als äußerst zweifelhaft erweist, sind kompatible Lösungen de lege ferenda vorstellbar.
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David Meurers/Constantin Beye, Jena, Rechtsstaatliche Anforderungen an die Öffentlichkeit von Normen – Unter besonderer Berücksichtigung der Verweisung auf private Normen
Private Rechtsnormen – etwa die technischen Regelwerke des Deutschen Instituts für Normung (DIN) e.V. – werden durch Verweisungen in das staatliche Recht inkorporiert, ohne dass für sie Art. 82 Abs. 1 GG gilt. Ergänzende Anforderungen an die Normöffentlichkeit folgen aus dem Rechtsstaatsprinzip, dessen Konturen im Wege der Verfassungsinterpretation (fort)entwickelt werden müssen. Die Bestandsaufnahme und kritische Würdigung der gängigen Interpretation in Rechtsprechung und Literatur führt die Verfasser zu dem Ergebnis, dass das tatsächlich gewährleistete Öffentlichkeitsniveau originär staatlicher Normen das rechtsstaatliche Mindestmaß bildet, hinter dem die Publizität privater Verweisungsobjekte gegenwärtig zurückbleibt.
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Thomas Sauerland, Brühl, Die Bindungswirkung von Feststellungsbescheiden im Staatsangehörigkeitsrecht − Zugleich ein Beitrag zur Tatbestands- und Feststellungswirkung von Verwaltungsakten
Dass wirksame Verwaltungsakte über ihre Verbindlichkeit inter partes hinaus Tatbestandswirkung gegenüber anderen Hoheitsträgern entfalten, zählt zum Gemeingut des Verwaltungsrechts. Eine Feststellungswirkung wird demgegenüber nur selten und vornehmlich bei der Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit nach § 15 Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) bejaht. Bei der Feststellung des Bestehens der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 30 StAG hingegen ist die Reichweite der Bindungswirkung ungeklärt. Der nachfolgende Beitrag zeigt, dass die Feststellungsbescheiden im Staatsangehörigkeitsrecht zugrunde liegenden Tatsachen und Erwägungen nicht für andere Behörden und Gerichte verbindlich sind.
Buchbesprechung
- Horst Meier/Claus Leggewie/Johannes Lichdi, Das zweite Verbotsverfahren gegen die NPD – Analyse, Prozessreportage, Urteilskritik (Eckart Klein)
Rechtsprechung
- EuGH, Urteil vom 21.6.2017 – C-9/16 – A – Verdachtsunabhängige Personenkontrollen an Schengen-Binnengrenzen (vgl. Beitrag Michl)
Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen
- Ausgewählte Entscheidungen im Volltext finden Sie hier:
- 31. EGMR, Urteil vom 26.10.2017 – Beschwerde Nr. 28475/12 – Ratzenböck u. Seydl/Österreich – Keine eingetragene Partnerschaft für heterosexuelle Paare
- 32. EuGH, Urteil vom 14.11.2017 – C-165/16 – Lounes – Aufenthaltsrecht eines drittstaatsangehörigen Ehegatten
- 33. BVerfG, Urteil vom 21.11.2017 – 2 BvR 2177/16 – Verlagerung der Verpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung von den Kommunen auf die Landkreise
- 34. BayVerfGH, Entscheidung vom 17.7.2017 – Vf. 9-VII-15 – Austausch von Hörfunkprogrammen
- 35. BayVerfGH, Entscheidung vom 30.8.2017 – Vf. 7-VII-15 – Pflichtmitgliedschaft in der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung
- 36. VerfG Bbg, Urteil vom 20.10.2017 – VfGBbg 63/15 – Aufgabenzuweisung; Konnexitätsprinzip
- 37. VerfG Bbg, Beschluss vom 20.10.2017 – VfGBbg 46/16 – Erteilung eines Ordnungsrufs
- 47. BVerwG, Urteil vom 17.8.2017 – 3 C 12.16 – Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten
- 59. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2017 – 9 A 16.16 – Richterablehnung wegen richterlicher Hinweise