Ausgabe 9/2017, Mai
Abhandlungen
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Urs Kramer/Vanessa Bahr/Tim Hinrichsen/Nadine Voß, Passau, Kommunale Sperrklauseln auf Verfassungsebene – Zulässigkeit und Alternativen am Beispiel der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen
Der Beitrag beschäftigt sich mit der rechtlichen Zulässigkeit einer unmittelbar auf Verfassungsebene verorteten kommunalen Sperrklausel, wie sie seit dem 1. Juli 2016 in Art. 78 Abs. 1 Satz 3 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung zu finden ist. Solche Sperrklauseln sind am Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit zu messen, der als Bestandteil des Demokratieprinzips sowohl im Grundgesetz als auch in den Landesverfassungen selbst verankert ist. Der mit der Sperrklausel verbundene Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit kann insbesondere dann gerechtfertigt werden, wenn andernfalls eine Funktionsbeeinträchtigung der betreffenden Volksvertretungen droht, die nicht (mehr) Ausdruck des normalen demokratischen Willensbildungsprozesses ist. Diesen Anforderungen wird die nordrhein-westfälische Verfassungsänderung indes nicht gerecht.
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Hans Walter Louis, Braunschweig, Naturschutz- und Bauplanungsrecht – Schnittpunkte, aktuelle Entwicklungen und Konfliktfelder
Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege waren schon immer Teil der Abwägung in der Bauleitplanung. Eine Verdichtung der naturschutzrechtlichen Vorschriften hat deren Bedeutung nochmals wesentlich erhöht. Neben den nach § 1 Abs. 7 BauGB in die Abwägung einzustellenden Belange von Natur und Landschaft können artenschutz- und biotopschutzrechtliche Verbote die Bauleitplanung selbst unmöglich machen, wenn sie den planerischen Vorstellungen auf Dauer entgegenstehen und nicht über Ausnahmen oder Befreiungen zu überwinden sind. Zudem stellen die Schutzvorschriften für das kohärente europäische ökologische Netz „Natura 2000“ verbindliche Vorgaben auf, die einer Abwägung nicht zugänglich sind. Diese naturschutzrechtlichen Vorgaben sollen in diesem Beitrag beleuchtet werden.
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Sebastian Klappert, Köln/Berlin, Die Rückkehr des Kriegsfolgenrechts – Zur Richtlinie über eine Anerkennungsleistung an ehemalige deutsche Zwangsarbeiter
Am 27. November 2015 hat der Deutsche Bundestag eine einmalige finanzielle Anerkennungsleistung für ehemalige zivile deutsche Zwangsarbeiter beschlossen und damit das Schicksal der kriegs- bzw. kriegsfolgenbedingten Zwangsarbeiter als besonderes Kriegsfolgenschicksal anerkannt. Der nachfolgende Beitrag skizziert zunächst die Entstehungsgeschichte und ordnet die Neuregelung kriegsfolgenrechtlich ein. Im Anschluss wird der Regelungsinhalt der Richtlinie erläutert. In einem abschließenden Fazit wird die Neuregelung als Beitrag zu nationaler Versöhnung, zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und zur Ergänzung der nationalen Erinnerungskultur gewürdigt.
Kleinerer Beitrag
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Arno Bokeloh, Bonn, Europarechtliche Probleme bei Verlust beamtenrechtlicher Versorgungsanwartschaften – Zugleich Anmerkungen zu dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes v. 13.7.2016, C-187/15
Beamte, die eine Beschäftigung in einem privaten Arbeitsverhältnis in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufnehmen, werden aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Sofern sie dann ihre Versorgungsanwartschaft verlieren und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden, führt dies in aller Regel zu einem deutlichen Verlust an Ansprüchen. Dies ist zunächst eine Problematik des deutschen Rechts. In den Fällen aber, in denen eine Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat aufgenommen wird, bekommt diese Problematik eine europäische Dimension. Der Verlust an Ansprüchen verstößt gegen die in Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer und ist damit europarechtlich unzulässig.
Buchbesprechung
- Wolfgang Hoffmann-Riem, Innovationen im Recht (Wolfgang Kahl)
Rechtsprechung
- EuGH, Urteil vom 13.7.2016 – C-187/15 – Pöpperl – Verlust von Versorgungsansprüchen eines Beamten bei Aufnahme einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat (vgl. Beitrag Bokeloh)
Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen
- Ausgewählte Entscheidungen im Volltext finden Sie hier:
- 211. EGMR, Urteil vom 10.1.2017 – Beschwerde Nr. 1955/10 – Babiarz – Kein Recht auf Scheidung
- 212. EGMR (Große Kammer), Urteil vom 24.1.2017 – Beschwerde Nr. 25358/12 – Paradiso u. Campanelli – Verbot der Leihmutterschaft
- 213. EuGH, Urteil vom 31.1.2017 – C-573/14 – Lounani – Asylverweigerung wegen Beteiligung an terroristischer Vereinigung
- 214. EuG, Urteil vom 3.2.2017 – T-646/13 – Minority SafePack/Kommission – Ablehnung der Registrierung des Vorschlags für eine europäische Bürgerinitiative
- 215. ThürVerfGH, Beschluss vom 7.12.2016 – VerfGH 28/12 – Arbeitnehmerschutz im Einzelhandel; Ladenöffnung
- 216. VerfG Bbg, Beschluss vom 20.1.2017 – VfGBbg 61/15 – Vertretung amtsfreier Gemeinden in der Mitgliederversammlung eines Zweckverbandes
- 217. LVerfG LSA, Urteil vom 24.1.2017 – LVG 1/16 – Zulässige Dauer einer Vorteilsabschöpfung im Kommunalabgabenrecht; Vorhersehbarkeit von Abgabenbelastungen; Rückwirkungsverbot
- 219. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – Begründungsbedürftigkeit einer nicht unerheblichen Verschlechterung im Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung
- 220. BVerwG, Urteil vom 17.11.2016 – 6 C 36.15 – Verzicht auf Kleinen Waffenschein nach Einleitung eines Widerrufsverfahrens
- 223. BVerwG, NK-Urteil vom 23.11.2016 – 4 CN 2.16 – Keine prägende Wirkung einer aufgegebenen Nutzung
- 229. BVerwG, Urteil vom 28.9.2016 – 7 C 18.15 – Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer der Bergaufsicht unterliegenden Anlage
- 234. BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 – 1 C 4.16 – Keine Prüfungseinschränkung bei Asylanträgen im Fall nicht abgeschlossener Verfahren im Ausland
- 235. BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 – 1 C 13.16 – Abschiebung eines vor dem EU-Beitritt Bulgariens ausgewiesenen Bulgaren nur nach Prüfung des Freizügigkeitsverlustes
- 237. BVerwG, Urteil vom 27.10.2016 – 5 C 55.15 – Umfang des Ersatzanspruchs nach § 47a BAföG
- 239. BVerwG, Beschluss vom 20.12.2016 – 3 B 38.16 – Revisionszulassung; Doppelbegründung