Ausgabe 3/2016, Februar
Abhandlungen
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Stephanie Schiedermair/Anna Mrozek, Leipzig, Die Vorratsdatenspeicherung im Zahnräderwerk des europäischen Mehrebenensystems
Die mit den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs scheinbar ausgeschöpfte Debatte über die grundrechtliche Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung lebt mit dem neuen deutschen Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung wieder auf. Unabhängig von der Frage der konkreten Vereinbarkeit des neuen Bundesgesetzes mit deutschen Grundrechten auf der einen und mit Unionsgrundrechten auf der anderen Seite stellt sich dabei die zentrale Frage, ob das europäische Mehrebenensystem eine „duale Grundrechtsprüfung“ am nationalen und darüber hinaus auch am europarechtlichen Maßstab verlangt. Aus der Gemengelage zwischen europarechtlichen Vorgaben (dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2014 sowie weiteren Richtlinien) einerseits und mitgliedstaatlichen Gestaltungsfreiräumen andererseits fließen auch bei dem neuen deutschen Bundesgesetz Fragen hinsichtlich der Bindungswirkung der Unionsgrundrechte, der Reichweite des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gegenüber den nationalen Grundrechten sowie den daraus resultierenden Prüfungszuständigkeiten und den möglichen Auswirkungen auf den Rechtsschutz.
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Andreas Zimmermann/Jelena Bäumler, Potsdam/Rostock, Art. 116 Abs. 2 GG – ein verfassungsrechtliches Auslaufmodell?
Zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts garantiert Art. 116 Abs. 2 GG Abkömmlingen von in diskriminierender Weise ausgebürgerten Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit. Dadurch soll der Zustand wiederhergestellt werden, der ohne die Ausbürgerung bestehen würde. Daher wird insoweit regelmäßig auf das geltende Staatsangehörigkeitsrecht abgestellt. § 4 Abs. 4 StAG hat im Jahr 2000 eine Beschränkung der Weitergabe der deutschen Staatsangehörigkeit für im Ausland geborene Kinder deutscher Staatsangehöriger eingeführt, die selbst bereits im Ausland geboren wurden. Dadurch wird möglicherweise der Anwendungsbereich des Art. 116 Abs. 2 GG dauerhaft signifikant eingeschränkt; unter Umständen wird die Norm gar obsolet. Vor diesem Hintergrund wird das Spannungsverhältnis zwischen der uneingeschränkten Anwendung des § 4 Abs. 4 StAG mit dem verfassungsrechtlich verbürgerten Recht auf Wiedereinbürgerung von Kindern zu Unrecht ausgebürgerter Deutscher erörtert.
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Sophie Victoria Knebel/Robin Christopher Schoss, Hamburg, Umfang und Legitimationsprobleme staatlichen Informationshandelns im Internet
Der vorliegende Beitrag behandelt Entwicklungen, aktuelle Beispiele, Rechtsgrundlagen und grundrechtliche Probleme staatlicher Informationsverbreitung und Informationsbeschaffung. Dabei geht es vor allem um die Veröffentlichung und die Erfassung von Informationen im Internet und in sozialen Netzwerken. Dieses staatliche Informationshandeln bedarf einer umfänglichen und detaillierten gesetzlichen Regelung. Das Erfordernis dafür wird durch korrekturbedürftige Rechtsprechung noch verschärft.
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Benedikt Beckermann, Hannover, Die Verleihung des Körperschaftsstatus an Religionsgemeinschaften als Zuordnungskonflikt zwischen Parlament und Verwaltung – Zugleich eine Anmerkung zu den Auswirkungen des Zweitverleihungsbeschlusses, insbesondere auf das Körperschaftsstatusgesetz NRW
Die Entscheidung über den Antrag einer Religionsgemeinschaft, ihr den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen, ergeht in den Bundesländern in verschiedenen Rechtsformen: teils durch Gesetz, teils per Rechtsverordnung, überwiegend als Verwaltungsakt. Der „Zweitverleihungsbeschluss“ des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 30.6.2015, 2 BvR 1282/11, in diesem Heft, S. 124) bringt nun in dieses unübersichtliche Bild Ordnung – und das weitergehend, als man auf den ersten Blick vermuten mag.
Buchbesprechungen
- Gerrit Hornung, Grundrechtsinnovationen (Josef Franz Lindner)
- Julian Lubini, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern der SBZ/DDR 1945–1952 (Wolf-Rüdiger Schenke)
- Kati Quaas, Einheitlicher Ansprechpartner und effet utile im deutschen Bundesstaat (Cristina Fraenkel-Haeberle)
- Andreas Engels, Die Verfassungsgarantie kommunaler Selbstverwaltung – Eine dogmatische Rekonstruktion (Thorsten Ingo Schmidt)
Rechtsprechung
- BVerfG, Beschluss vom 30.6.2015 – 2 BvR 1282/11 – Verleihung des Körperschaftsstatus an Religionsgemeinschaften durch Landesgesetz (vgl. Abhandlung Beckermann)
Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen
- Ausgewählte Entscheidungen im Volltext finden Sie hier:
- 31. EuG, Urteil vom 13.11.2015 – T-424/14 u. T-425/14 – Client Earth/Kommission – Zugang zu Dokumenten der Kommission
- 33. LVerfG LSA, Urteil vom 20.10.2015 – LVG 2/14 – Finanzierungspflicht für Kindertageseinrichtungen; Konnexitätsprinzip
- 42. BVerwG, Urteil vom 30.9.2015 – 6 C 38.14 – Melderechtlicher Berichtigungsanspruch; Bestimmung der Hauptwohnung
- 44. BVerwG, Urteil vom 27.8.2015 – 3 C 14.14 – Personenbeförderung; Flughafen-Shuttle
- 48. BVerwG, NK-Urteil vom 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – Ausschluss einzelner Nutzungen eines Gewerbegebiets
- 49. BVerwG, NK-Urteil vom 29.9.2015 – 4 CN 1.15 – Bebauungsplan; Auslegungsbekanntmachung; Umweltinformationen
- 56. BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 – 1 C 37.14 – Erteilung eines Schengen-Visums
- 59. BVerwG, NK-Urteil vom 29.9.2015 – 4 CN 2.15 – Normenkontrollantrag; Präklusion