Ausgabe 23/2019, Dezember

Abhandlungen

  • Hermann-Josef Blanke/ManoĂ«l Johr, Erfurt, Rechtliche Vorkehrungen fĂĽr die zivile Seenotrettung im Mittelmeer – „Sichere Häfen“ und „verlässliche Ausschiffungsregelungen“ in der EU zur Ăśberwindung völkerrechtlicher Ungewissheit

    Im Laufe des Jahres 2019 häuften sich Vorgänge, in denen Rettungsschiffe von Nicht-Regierungsorganisationen wie etwa die Sea Watch 3, die Ocean Viking und zuletzt die Alan Kurdi mit aus Seenot geborgenen Migranten auf die Einfahrt in Häfen Italiens und Maltas lange Zeit warten mussten oder, wie im Fall der Sea Watch 3, diese Einfahrt schließlich erzwangen. Der Beitrag behandelt die komplexen völkerrechtlichen Grundlagen der Seenotrettung durch staatliche Organe einerseits und private Organisationen andererseits, zeigt das Souveränitätsprinzip als Grenze des sog. „Nothafenrechts“ auf und verdeutlicht vor dem Hintergrund des im internationalen Recht nicht anerkannten Anspruchs auf Ausschiffung geretteter Flüchtlinge die Notwendigkeit, in der Europäischen Union zu einer Einigung über die Wiederaufnahme staatlicher Rettungsmaßnahmen sowie die Verteilung von Flüchtlingen zu gelangen, die von privaten Organisationen geborgen werden.

  • Mathias Honer, Hamburg, Nudging: Keine Herausforderung fĂĽr die Grundrechtsdogmatik – Zugleich zur sogenannten doppelten Widerspruchslösung fĂĽr die Organspende

    Das Grundgesetz feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag. Grund zum Feiern sind dabei unter anderem die hierin enthaltenen Grundrechte. Sollen sie ihre freiheitssichernde Wirkung aber auch weiterhin entfalten, müssen sie immer wieder den jeweils neuen staatlichen Steuerungs- und Regulierungsinstrumenten angepasst werden. Spätestens seit der öffentlich diskutierten Widerspruchslösung für die Organspende ist auch einer breiteren Öffentlichkeit eine neue Form staatlicher Regulierung bekannt: das Nudging. Seiner grundrechtlichen Bewertung widmet sich der vorliegende Beitrag.

  • Friedrich Schmitt, Freiburg im Breisgau, Die Rundfunkfreiheit: Ein Kind ihrer Zeit – aus der Zeit gefallen?

    Die verfassungsrechtliche Medienordnung sieht sich einem tiefgreifenden technologischen Wandel ausgesetzt. Spätestens seit dem US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2016 liegen die gesellschaftlichen Folgen dieser Entwicklung offen. Gleichwohl findet dieser Umbruch keinen Widerhall in der Rundfunkverfassung: Im Gegenteil, die Dogmatik zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG illustriert die Konflikte, die technischer Fortschritt bei rechtlichem Stillstand bewirken kann. Gegenstand und Ziel der folgenden Ausführungen sind in diesem Sinne weder Medienpolitik noch Medienkritik. Anliegen ist nicht die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es geht um einen neuen verfassungsrechtlichen Rahmen der von der Rundfunkfreiheit sachlich erfassten Medien.

  • Fiete Kalscheuer/Moritz von Rochow, Kiel, Verpackungsgesetz berechtigt Kommunen zu Abgaben auf Einwegverpackungen

    Weggeworfene Einwegverpackungen stellen zunehmend nicht nur für die Umwelt, sondern auch für kommunale Haushalte eine Belastung dar. Erste Städte erwägen nunmehr, eine kommunale Verpackungssteuer einzuführen. Gegenstand dieses Aufsatzes ist die Frage nach deren Rechtmäßigkeit. Verfassungsrechtliche Bedenken greifen jedenfalls nach Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes am 1.1.2019 nicht mehr durch.

Kleinerer Beitrag

  • Hans Peter Bull, Hamburg, Die vollständig digitalisierte Verwaltung – ein irrefĂĽhrendes Ziel - Ein Thesenpapier zu aktuellen Tendenzen der „BĂĽrokratieentlastung“

    Die öffentliche Verwaltung muss immer wieder reformiert werden, damit sie nicht in Routinen erstarrt. Die Bürger müssen bei der Erledigung der notwendigen Verwaltungskontakte von überflüssigen formalen Hürden entlastet werden. Gegenwärtig wird dazu als Allheilmittel die „Digitalisierung“ angepriesen, d.h. es wird die möglichst vollständige Automatisierung aller Verwaltungsleistungen gefordert. Die Bundesregierung wie die Landesregierungen arbeiten mit Hilfe spezieller Beratungs- und Planungsinstitutionen wie dem Nationalen Normenkontrollrat, dem IT-Planungsrat und dem Nationalen E-Government Kompetenzzentrum e.V. an der Umsetzung dieser Vorstellung. Diese aktuelle Tendenz der Verwaltungspolitik gefährdet um der Rationalisierung willen den wirklich bürgerfreundlichen, gerechten Gesetzesvollzug. Verwaltungsreform muss von den Aufgaben, nicht von den Instrumenten her betrieben werden. Die Mittel dürfen nicht die Ziele beeinträchtigen, die Quantität (Effizienz) darf nicht über die Qualität der Verwaltungsleistung gesetzt werden. Die Risiken dieser Politik sind in den folgenden Thesen zugespitzt dargestellt.

Buchbesprechungen

  • Utz Schliesky, Gespräche ĂĽber den Staat (Michael Kilian)
  • Harald Dörig (Hrsg.), Handbuch Migrations- und Integrationsrecht (Thomas Schwabenbauer)

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen

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