Ausgabe 18/2009, September
Thematischer Schwerpunkt: Zur Tagung 2009 der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer
Abhandlungen
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Marion Eckertz-Höfer, Leipzig, „Vom guten Richter“ – Ethos, Unabhängigkeit, Professionalität –
Was macht einen „guten Richter“ oder eine „gute Richterin“ aus? Eine in Anbetracht der Wandlungen der Gesellschaft und des Rechtssystems und den damit einhergehenden Chancen und Gefährdungen immer wieder neu zu stellende Frage. Richterliches Handeln zielt vor allem auf Entscheidungen, die dem geltenden Recht entsprechen, in angemessener Zeit ergehen, und auf ein Verfahren, in dem sich Richter jenseits von Eigennutz und Subjektivität der Fairness gegenüber jedermann verpflichtet wissen. Die Unbestimmtheit des überwiegenden Teils der Rechtsnormen, insbesondere auch aufgrund der vielfachen Überschneidungen von Normbereichen, und die damit verbundene Delegation der Normsetzung im Einzelfall auf die Richter ist eine – unvermeidliche – Erschwernis. Bei dieser schwierigen Aufgabe müssen sich Richter auf ihre um des Schutzes der Rechtsprechung als einem neutralen Verfahren willen verliehene Unabhängigkeit und auf rechtsethische Standards stützen.
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Eckart Klein, Potsdam, Der republikanische Gedanke in Deutschland – Einige historische und aktuelle Überlegungen
60 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geben Anlass, über eine Strukturbestimmung des Grundgesetzes – Republik – nachzudenken, die zwar in den staatsrechtlichen Überlegungen der letzten Jahrzehnte eher vernachlässigt wurde, deren hintergründige Bedeutung jedoch nicht unterschätzt werden darf. Ihre Tragweite kann nur aus der deutschen Verfassungsgeschichte und den dort rezipierten geistigen Grundlagen rekonstruiert werden. Das Republikprinzip färbt das demokratische und rechtsstaatliche Prinzip republikanisch ein, gibt diesen Verfassungsgrundsätzen ihre gegenwärtige Gestalt, ruft sie zur „Ordnung“. In diesem Sinn ist das Prinzip Republik, obwohl in Art. 23 Abs. 1 GG nicht aufgeführt, auch bei der „Verwirklichung eines vereinten Europas“ von bleibender und angesichts der gegenwärtigen Krise sogar von ganz aktueller Bedeutung – impliziert es doch neben dem „Stolz der Freiheit“ die „Demut der Verantwortung“ (R. Thoma).
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Margrit Seckelmann, Speyer, „Renaissance“ der Gemeinschaftsaufgaben in der Föderalismusreform II? – Zu den Gemeinschaftsaufgaben und den Möglichkeiten kooperativen Handelns im Bundesstaat (insbesondere zu den Art. 91 a und b GG n.F. sowie zur Aufnahme der Art. 91 c und d GG in das Grundgesetz)
Das deutsche föderalistische System befindet sich in einem tief greifenden Veränderungsprozess. Dieser umfasst nicht nur die Kompetenzen von Bund und Ländern, sondern auch die Frage der Kooperation zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften. Dabei lassen sich zwei unterschiedliche Tendenzen ausmachen: Während die möglichst weitgehende Entflechtung von Kompetenzen unter dem Stichwort des „Wettbewerbsföderalismus“ auf der Agenda der Föderalismusreform I stand, so ist in dem am 1. August 2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 91 c, 91 d, 104 b, 109, 115, 143 d) vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2248, sog. „Zweiter Korb“ der Föderalismusreform eine pragmatische Abkehr von dieser Entflechtungstendenz zu erkennen. Diese Abkehr ist insoweit zu begrüßen als bestimmte Aufgaben (wie die Frage der Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien) zu ihrer Verwirklichung auf eine Kooperation im Bundesstaat angewiesen sind. Auch die Bereitstellung von Kollektivgütern im Bundesstaat wie etwa der Forschung und der akademischen Ausbildung ist von einer gewissen Kooperation der Gebietskörperschaften abhängig. Dies wirft Fragen nach den Konsequenzen hinsichtlich der Neuregelung der Art. 91 a und b GG auf.
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Julian KrĂĽper, DĂĽsseldorf, Kommunale Stichwahlen als demokratisches Wettbewerbsgebot - Zugleich eine Anmerkung zum Urteil des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen vom 26. Mai 2009 (02/09)
Die Ausgestaltungsprärogative des Gesetzgebers wird auch im Kommunalwahlrecht durch das Demokratieprinzip begründet wie begrenzt. Ihm ist aufgegeben, ein Wahlsystem zu schaffen, das eine repräsentative Mehrheit der Stimmen für die gewählten Amts- und Mandatsträger generiert. Die Reichweite des gesetzgeberischen Ausgestaltungsspielraums variiert dabei in Abhängigkeit von der Zahl der zu vergebenden Ämter. Jede Ausgestaltung des Wahlrechts unterliegt daher kontextspezifischen Rationalitätsansprüchen. Im Grundsatz ist dabei stets das „Gebot der Präferenzaffinität des Wahlrechts“ zu beachten. Dieses verlangt für die Besetzung monokratischer Spitzenämter durch Wahl, z.B. das Bürgermeisteramt, eine absolute Stimmenmehrheit des Wahlsiegers.
Berichte
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Jörg Scharrer/Katja Fröhlich, Greifswald, Recht und Markt: Wechselbeziehungen zweier Ordnungen – 49. Assistententagung Öffentliches Recht vom 10. bis 13. März 2009 in Bonn
Nachruf
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Wilfried Erbguth, Rostock, Werner Hoppe (1930-2009)