Ausgabe 17/2021, September

Thematischer Schwerpunkt: COVID-19-Pandemie V

Abhandlungen

  • Christoph Gusy, Bielefeld, Pandemien als Stresstest der Demokratie

    Pandemien – wie andere Katastrophen – sind Herausforderungen an Staat und Gesellschaft. Sie erhöhen die Erwartungen der Menschen an den Staat, seine Entscheidungs-, Handlungs-, Leistungsfähigkeit und seinen Legitimationsbedarf. Und sie erhöhen die Erwartungen des Staates an die Menschen, ihre Bereitschaft zur Selbsthilfe, ihre Normbefolgung sowie ihre Bereitschaft zur Legitimation der öffentlichen Gewalt. Insoweit sind sie Herausforderung und Bewährungsprobe für grundlegende Rechtsprinzipien. Diese sind im Notfall nicht einfach suspendiert, doch können sich ihre Anwendungs- und Auslegungsbedingungen verändern. Bislang unterbelichtete Fragestellungen werden erkennbar, bislang kaum ausgeleuchtete Verfassungsnormen anwendbar. Sie stellen neue Herausforderungen an Verfassungspraxis und Verfassungsauslegung. Dies soll hier am Beispiel der Demokratie erörtert werden.

  • Chien-Liang Lee, Taipei, Krise als Chance – das taiwanesische Corona-Management auf dem PrĂĽfstand demokratisch-rechtsstaatlicher Verfassungsmaximen

    In den Szenarien der COVID-19-Pandemie hat sich Taiwan den Ruf eines Musterlandes erworben. Nicht ohne Grund. Denn Taiwan ist es gelungen, ohne Rückgriff auf das in seiner Verfassung bereitgestellte Notverordnungsrecht die Auswirkungen des Virus im weltweiten Vergleich relativ gering zu halten. Der bislang günstige Verlauf geht u. a. auf gesetzliche Modifikationen der Verwaltungsorganisation und der für die Krisenbewältigung erweiterten Befugnisse der Verwaltung zurück. Doch sind diese Modifikationen nicht durchgängig unproblematisch. Hier setzt der Beitrag an: Nach einer Analyse des taiwanesischen Ausnahmeverfassungsrechts stellt er die Organisation und die Befugnisausstattung des taiwanesischen Corona-Managements auf den Prüfstand demokratisch-rechtsstaatlicher Verfassungsmaximen.

  • Ulrike Quapp, Leipzig, Der Nachteilsausgleich fĂĽr Studierende mit Beeinträchtigungen in innovativen HochschulprĂĽfungsformaten unter besonderer BerĂĽcksichtigung der COVID-19-Pandemie

    Deutsche Hochschulen haben in den letzten Jahren zahlreiche Bemühungen unternommen, beeinträchtigten Studierenden eine gleichberechtigte Teilhabe an akademischer Bildung zu gewährleisten. Eines der Mittel, körperliche und seelische Benachteiligungen von Studierenden im Studienalltag auszugleichen, stellt die Bewilligung von Nachteilsausgleichen im Prüfungsverfahren dar. Bisher stand in Literatur und Rechtsprechung der Ausgleich von Nachteilen in den herkömmlichen Prüfungsverfahren im Mittelpunkt. Die COVID-19-Pandemie und die aktuellen Abstands- und Hygieneregeln erforderten jedoch umfängliche Anpassungen im Lehr- und Prüfungsbetrieb aller Hochschulen. Somit erscheint eine Untersuchung notwendig, ob die bisherigen Grundsätze zum Nachteilsausgleich auch unter den geänderten prüfungsorganisatorischen Rahmenbedingungen fortgelten, oder ob ein neuer Beurteilungsmaßstab bei der Entscheidung über Anträge auf Nachteilsausgleich zugrunde zu legen ist.

  • Clarissa Katharina Julia Zentgraf/Christian Schäfer, Siegen, Zu Gast bei einem Verbrechen – Datenschutzrechtliche Bewertung des repressiv-polizeilichen Zugriffs auf Corona-Kontaktlisten

    Die Angabe von Kontaktdaten auf sog. Corona-Kontaktlisten (im Folgenden kurz Corona-Listen) etwa im Gastronomiebereich sollte lediglich der Kontaktnachverfolgung zu Infektionsschutzzwecken durch die Gesundheitsämter dienen. Gleichwohl haben die Strafverfolgungsbehörden zuletzt vermehrt auf diese zugegriffen. Die bestehende Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Zulässigkeit repressiv-polizeilicher Zugriffe könnte seitens des Bundesgesetzgebers über die Schaffung des § 28a Abs. 1 Nr. 17, Abs. 4 IfSG behoben worden sein. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, inwieweit für die Rechtmäßigkeit von Zugriffen auf Corona-Listen, losgelöst von infektionsschutzbedingten Zwecken und jenseits des § 28a Abs. 1 Nr. 17, Abs. 4 IfSG, eine rechtliche Grundlage zur Datenverarbeitung bestand und fortbesteht.

Buchbesprechungen

  • Jonas Hyckel, Prozessökonomie – Theorie und Methodik effizienter Rechtserkenntnis im Verwaltungsprozess (JĂĽrgen Held)
  • Christofer Lenz/Ronald Hansel, Bundesverfassungsgerichtsgesetz – Handkommentar; 3. Auflage (Christoph Degenhart)

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen

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