Ausgabe 12/2022, Juni

Abhandlungen

  • Anna von Oettingen/Kristina Isabel Schmidt, Berlin/Köln/Bonn, Intertemporale Freiheitssicherung im Sozialstaat – Zur Ăśbertragbarkeit der klimaschutzbezogenen Verfassungsrechtsprechung auf die sozialen Sicherungssysteme

    Das Bundesverfassungsgericht entschied am 24. März 2021 folgenreich zum Bundes-Klimaschutzgesetz. Der Beschluss identifiziert eine zukunftsgerichtete Dimension der Grundrechte in Umweltschutzbelangen. Ob dieses Schutzniveau auch für das Handlungsfeld der sozialen Sicherung aktiviert werden kann, ist angesichts der Konstituierung der charakteristischen Sozialversicherungssysteme als „Generationenverträge“ eine heraufbeschworene Frage. Das gilt zumal der demografische Wandel und der Anstieg der Lebenserwartung die tradierten und gesamtgesellschaftlich bedeutsamen Regime seit Längerem zusehends unter Druck setzen. Daraus resultiert ein Innovations- und Anpassungsbedarf, der verfassungsgemäß zu lösen ist. Vor diesem Hintergrund analysiert der vorliegende Beitrag, ob sich die Grundzüge der neuen Verfassungsrechtsprechung in den durch das Sozialstaatsprinzip bestimmten Bereich übertragen lassen. Die Autorinnen legen anhand dessen grundgesetzlich vorgegebene Parameter klar, die den diesbezüglichen Reformdiskurs zu strukturieren vermögen.

  • Heinz-Willi Heynckes, Berlin, Kontrollkonkurrenzen von AusschĂĽssen und Parlamentarischem Kontrollgremium in der Parlamentspraxis

    Fehlerhaftes Regierungshandeln darf nicht unantastbar sein und muss aufgearbeitet werden. Hierfür sind im parlamentarischen Alltag die Fachausschüsse mit ihrer kontinuierlichen Ressortkontrolle vorgesehen. Sie sind Ausgangspunkt der Kontrollkonkurrenzen. Medial bedeutsam werden Sachverhalte meist, wenn nachrichtendienstliches Handeln betroffen ist. Vornehmlich Fach- und Untersuchungsausschüsse und das Parlamentarische Kontrollgremium geraten bei einer solchen Enquete-Tätigkeit in Kontrollkonkurrenz zueinander. Auch die verfassungsgebotene Einsetzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums hat nichts daran geändert, dass der Kontrollanspruch der Legislative gegenüber der Exekutive uneingeschränkt ist.

  • Luc von Danwitz, Bonn, Die proaktive Wahrnehmung der Integrationsverantwortung – Ăśberlegungen zur Zukunft der ultra-vires-Kontrolle

    Der europäische Gerichtsverbund wurde durch die Verfahren um das PSP-Programm der EZB auf die Probe gestellt. Dieser Beitrag möchte einen neuen Vorschlag zur Entspannung der Konfliktlage jenseits des Gerichtsdialogs und der gesetzgeberischen Einschränkung verfassungsgerichtlicher Handlungsspielräume machen. Die verfassungsdogmatische Anknüpfung der ultra-vires-Kontrolle an das Demokratieprinzip und die Verpflichtung der deutschen Verfassungsorgane zur Wahrnehmung von Integrationsverantwortung zeichnen rechtspolitische Handlungsspielräume vor, die von der Politik proaktiv genutzt werden könnten. Die Politik könnte im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen Teil der Deutungshoheit über die Kompetenzgrenzen der EU zurückgewinnen und deeskalierend auf den Gerichtsdialog einwirken.

Kleinerer Beitrag

  • Andreas Dietz, Augsburg, Asyl am Rande Europas – EindrĂĽcke von einem EASO-Einsatz in der Republik Zypern

    Wer aktuell von Asyl in Europa spricht, hat die türkisch-griechische oder die weißrussisch-polnische Grenze im Blick oder die sogenannte Mittelmeerroute mit den lebensgefährlichen Überfahrtversuchen von Migranten von der nordafrikanischen Küste aus nach Norden. Unbeachtet bleibt dabei ein EU-Mitglied am Südostrand Europas, das als letztes Land noch so geteilt ist wie Deutschland bis 1990 und über dessen innerstaatliche Grenze Migranten strömen wie einst über die Sektorengrenze im geteilten Berlin: Die Republik Zypern. Das kleine Land hat ein großes Asylproblem und die Europäische Union um Hilfe gebeten, die ihr European Asylum Support Office (EASO) zum Einsatz bringt. Von einem solchen Unterstützungseinsatz für EASO handelt der folgende Bericht.

Buchbesprechungen

  • Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, Band 80: Staat und Gesellschaft in der Pandemie – Berichte und Diskussionen auf der Sondertagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtlehrer in Wien am 9. April 2021 (Klaus Rennert)
  • Andreas Wimmer, Rechtsverhältnisse im öffentlichen Recht – Ein Perspektivenwechsel (Martin Schulte)

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen

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