Ausgabe 12/2021, Juni

Abhandlungen

  • Dietrich Murswiek, Freiburg, Schutz – Freiheit – COVID – Zum Verhältnis von Schutzpflicht und Abwehrrechten in der Pandemie

    Die aus Art. 2 Abs. 2 GG folgende Pflicht des Staates zum Schutz von Leben und Gesundheit ist für die Rechtfertigung des Corona-Lockdowns irrelevant. Aus den vom Lockdown betroffenen Freiheitsrechten folgt aber eine staatliche Pflicht, die den Lockdown rechtfertigenden Gründe so schnell wie möglich zu beseitigen, also insbesondere für die Erhöhung der Kapazität der Intensivstationen zu sorgen und die Alten- und Pflegeheime besonders zu schützen.

  • Winfried Kluth, Halle (Saale), Instrumente zur Sicherung von Transparenz beim Haushaltsvollzug – Bestandsaufnahme und Entwicklungsperspektiven

    Der Haushaltsvollzug durch die Regierung und die nachgeordnete Verwaltung gibt vor allem bei der Vergabe großvolumiger Beratungsaufträge Anlass für die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen und ist damit ein Indiz für eine unzureichende Steuerung und Kontrolle. Der Beitrag untersucht aus dem Blickwinkel der parlamentarischen Haushaltsvollzugskontrolle die bestehenden Instrumente und fragt nach ihrer wirksamen Anwendung sowie einem etwaigen zusätzlichen Regelungsbedarf.

  • Thorsten Ingo Schmidt, Potsdam, Landesrechtsverordnungen auf bundesgesetzlicher Grundlage und verordnungsvertretende Landesgesetze

    Bislang gehört Art. 80 Abs. 4 GG zu den vergessenen Normen des Grundgesetzes. Er ermöglicht, dass anstelle einer Landesrechtsverordnung auf der Grundlage eines Bundesgesetzes auch ein Landesgesetz erlassen werden kann. Einst eingefügt, um die Landesparlamente zu stärken, erwacht er erst im Zuge der Coronakrise aus seinem Dornröschenschlaf. Angesichts immer neuer grundrechtseinschränkender Verordnungen der Landesregierungen stellen sich gerade angesichts dieser Vorschrift die Fragen, ob und wann der jeweilige Landtag darüber zu informieren ist, welche weiteren Mitwirkungsrechte ihm zustehen und ob zum verordnungsvertretenden Landesgesetz gegriffen werden sollte.

  • Jens Brauneck, Neuss, Endlich Zollfreiheit EU-USA – Verordnung statt Handelsabkommen?

    Ein „kleines“ Handelsabkommen könnte den Auftakt zu weitestgehend zollfreien Handelsbeziehungen oder gar dem Abschluss eines umfassenden bilateralen Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA bilden. Die EU-Kommission hat dieses Abkommen aber nicht unionsrechtlich beschlossen, vielmehr ist auf ihren Vorschlag hin eine Verordnung über die Abschaffung von Zöllen auf bestimmte Waren im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen worden. Dabei hat sie die in Art. 207 Abs. 3–5 AEUV und Art. 218 Abs. 6 AEUV für Zoll- und Handelsabkommen vorgesehenen umfassenden Verfahrensvorschriften ignoriert. Sie hat sich auf den Erlass einer Verordnung berufen, mit der gemäß Art. 207 Abs. 2 AEUV der Rahmen für die Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik bestimmt wird. Kann die EU-Kommission auf diese Weise rechtmäßig handeln und ihre Stellung beim Zustandekommen von Zoll- und Handelsabkommen zugunsten des Europäischen Parlaments aufgeben?

Kleinerer Beitrag

  • Andreas Haratsch, Hagen, Zur Verhältnismäßigkeit nächtlicher Ausgangsbeschränkungen – Eine LĂĽneburger Spezialität

    Die Rechtmäßigkeit von nächtlichen Ausgangssperren zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie hat bislang zahlreiche deutsche Gerichte beschäftigt. Im Streit steht dabei regelmäßig die Frage der Verhältnismäßigkeit dieser intensiv in Grundrechte eingreifenden Maßnahmen. Bislang sind die Gerichte zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangt, die auch in die Diskussion um die Änderung des Infektionsschutzgesetzes hineingewirkt haben. War bislang ausschließlich die Landesebene für den Erlass von Ausgangsbeschränkungen zuständig, sieht nunmehr das um die „Bundes-Notbremse“ ergänzte Infektionsschutzgesetz unter bestimmten Voraussetzungen nächtliche Ausgangsbeschränkungen unmittelbar selbst vor. Auch wenn der Rechtsschutz mit Erlass dieser bundesgesetzlichen Regelung weg von den Verwaltungsgerichten auf das Bundesverfassungsgericht verlagert wird, lohnt ein Blick auf die bisherige verwaltungsgerichtliche Judikatur. Dies gilt umso mehr, als der Erlass strengerer Ausgangsbeschränkungen auf Landesebene nach wie vor möglich ist. Der folgende Beitrag geht vor allem der Frage nach, wie tragfähig die Argumentation des OVG Lüneburg ist, das jüngst eine nächtliche Ausgangssperre mit einer ungewöhnlichen Begründung als unverhältnismäßig eingestuft hat.

Buchbesprechungen

  • Elias Bornemann, Die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates (Helmut Goerlich)
  • Hermann-Josef Blanke/Siegfried Magiera/Johann-Christian Pielow/Albrecht Weber, (Hrsg.), Verfassungsentwicklungen im Vergleich – Italien 1947 – Deutschland 1949 – Spanien 1978 (Christian Tomuschat)

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen

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