Ausgabe 17/2017, September

Abhandlungen

  • Fabian Thiel, Frankfurt am Main, 15 Jahre „Stadtumbau Ost“ – Res extra commercium, Rekommunalisierung, Wirksamkeitsdefizite und Fortentwicklung

    Das Bund-Länder-Programm Stadtumbau Ost ist ein städtebaurechtlicher Sonderfall mit erheblichem Flächenrevitalisierungspotenzial. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Die gegenwärtig fehlende Handhabe der Gemeinden gegen diejenigen Eigentümer, die ihre (Brach-)Grundstücke vernachlässigen, ist ein strukturelles, bodenrechtlich gravierendes Problem. Daran hat die EAG Bau-Novelle 2004 nichts geändert. Ganz im Gegenteil. Dabei bietet der Stadtumbau Ost die rechtspolitische Gelegenheit, Wirksamkeitsdefizite im eigentumsverfassungsrechtlichen und baurechtlichen Bereich zu erörtern. Hier liegen dogmatische Impulse des Stadtumbaus Ost, die bisher unerörtert geblieben sind. Die Grundstücke in Aufgabegebieten sind oftmals ein res extra commercium, das dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr durch Dereliktion vorübergehend oder gar dauerhaft entzogen ist.

  • Guy Beaucamp, Hamburg, Rechtssicherheit als Wert und als Argument im Verhältnis der Staatsgewalten zueinander

    Für Nichtjuristen und angehende Juristen sind Gerechtigkeitsfragen bei der Beurteilung von Fällen wichtig, erfahrene Juristen betonen die Bedeutung der Rechtssicherheit stärker. So sind Letztere von folgendem Zitat wenig überrascht, Erstere dürften es häufig als unfair bewerten (BVerfGE 2, 380, 403): „Rechtsfriede und Rechtssicherheit sind von so zentraler Bedeutung für die Rechtsstaatlichkeit, daß um ihretwillen die Möglichkeit einer im Einzelfall vielleicht unrichtigen Entscheidung in Kauf genommen werden muss.“ Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle Relevanz der Rechtssicherheit für die deutsche Rechtsordnung und widmet sich abschließend der Spezialfrage, inwieweit die rechtssicheren Entscheidungen einer Staatsgewalt für die anderen Staatsgewalten Sperrwirkung haben.

  • Stephan Wagner, MĂĽnster, Versammlungen im Konkurrenzverhältnis – Normative Kriterien zur Koordinierung von (extremistischen) Versammlungen und Gegenveranstaltungen

    Versammlungen, die zur selben Zeit um denselben Veranstaltungsort konkurrieren, sind ein sich in jüngerer Zeit vermehrt zeigendes Phänomen, das namentlich durch das Zusammentreffen von extremistischen Versammlungen mit auf ihre Verhinderung oder mindestens Erschwerung zielenden Gegenveranstaltungen verursacht wird. Es bedarf einer rechtlichen Verarbeitung durch das Versammlungsrecht, welche durch die Ansichten und Absichten der betroffenen Akteure zugleich eine besondere politische Brisanz erhält. Der Beitrag versucht, die normativen Kriterien für die Auflösung derartiger Versammlungskonkurrenzen herauszuarbeiten, und unterzieht dabei insbesondere den versammlungsrechtlichen Prioritätsgrundsatz einer eingehenderen Analyse.

  • Roman Kaiser, Augsburg, Horror populi: Verfassungsidentität contra Volksentscheid – Anmerkung zu HmbVerfG, Urt. v. 13. Oktober 2016, HVerfG 2/16 (Das Urteil finden Sie in diesem Heft, S. 723.)

    Wieder hat ein Landesverfassungsgericht einen Versuch, direktdemokratische Entscheidungsmöglichkeiten zu erweitern, zurückgewiesen. Indem das Hamburgische Verfassungsgericht in seiner Entscheidung über ein verfassungsänderndes Volksbegehren einen absoluten Vorrang der repräsentativen Demokratie als Teil der Verfassungsidentität postuliert und besondere Anforderungen an die demokratische Legitimation von Volksentscheiden stellt, gelangt es zur Verfassungswidrigkeit sämtlicher Erleichterungen der Volksgesetzgebung. Das Urteil ist methodisch unzureichend und inhaltlich nicht überzeugend.

Buchbesprechung

  • Christoph Gröpl/Annette Guckelberger/JĂĽrgen Wohlfarth, Landesrecht Saarland – Studienbuch, 3. Auflage (Thomas Kreusch)

Rechtsprechung

  • HmbVerfG, Urteil vom 13.10.2016 – HVerfG 2/16 – Direkte Demokratie in Hamburg; Volksbegehren „Rettet den Volksentscheid“ (vgl. Beitrag Kaiser)

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen

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