Ausgabe 17/2010, September

Abhandlungen

  • Anna Leisner-Egensperger, Jena, Die Finanzausgleichsgesetze der Länder und das kommunale Selbstverwaltungsrecht – Voraussetzungen zulässiger Kommunalverfassungsbeschwerden

    Die Landesverfassungsgerichte haben oft Finanzausgleichsgesetze zu überprüfen, meist in Entscheidungen über Kommunalverfassungsbeschwerden des Landesrechts. Dabei geht es einerseits um die Beschwerdebefugnis der betreffenden Gemeinde, darum also, worin und inwieweit sie in ihrem verfassungsmäßig gesicherten Recht der Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG und entsprechende Bestimmungen der Landesverfassungen) durch – zu geringe – Landeszuweisungen verletzt sind. Darüber hinaus bedürfen einzelne gesetzgeberische Gestaltungsformen, insbesondere Pauschalierungen, zu Aufgaben und Finanzkraft der Kommunen sowie der des jeweiligen Landes der Untersuchung. Entscheidungen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 3. Mai 2005 sowie vom 28. Oktober 2010 bieten dazu einen aktuellen Anlass.

  • Jens-Erik Kendzia, Berlin, Die Zustimmungsbedürftigkeit von Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke

    Bedarf die Änderung eines Gesetzes, das mit Zustimmung des Bundesrates ergangen ist, erneut seiner Zustimmung? Diese Frage spaltet derzeit Bundesregierung und Bundesländer. Von der Antwort hängt ab, ob die Bundesregierung eines ihrer zentralen Projekte umsetzen kann: Längere Laufzeiten für Deutschlands siebzehn Atomkraftwerke. Der Verfasser untersucht die Zustimmungsbedürftigkeit von Laufzeitverlängerungen im Licht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und kommt zu dem Ergebnis: Ohne den Bundesrat geht es nicht.

  • Jürgen Schwabe, Hamburg, Desaster im Versammlungsrecht: Zwei irreführende Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

    Zwei Kammerentscheidungen haben den Platzverweis und die Ingewahrsamnahme auf Versammlungen an sachlich verfehlte und rechtlich nicht verfügbare Bedingungen geknüpft. Das läuft nicht nur den Bedürfnissen der Praxis eklatant zuwider, es setzt die Polizeibeamten auch einem nicht akzeptablen Strafrisiko aus.

  • Andreas Meßmann, Münster, Das Aufgabenübertragungsverbot aus Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG: Hindernis für die Erweiterung bereits übertragener Aufgaben und die Ãœbertragung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft? – Zugleich eine Erwiderung auf Albert Ingold, Das Aufgabenübertragungsverbot aus Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG als Hindernis für die bauplanungsrechtliche Gesetzgebung des Bundes?, DÖV 2010, 134

    Das seit 2006 geltende strikte Verbot wirft zwei ungeklärte Probleme auf: Verbietet Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG (i.V.m. Art. 125 a Abs. 1 GG) auch die Erweiterung bereits vor Inkrafttreten der Föderalismusreform auf die Gemeinden übertragener Aufgaben? Und darf der Bund trotz des Verbots den Gemeinden weiterhin solche Aufgaben übertragen, die zugleich Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft i.S.v. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind? Die zweite Frage wird nachfolgend, entgegen Ingold, verneint (dazu II.). Die erste Frage, zu der Ingold nur den Streitstand berichtet hat, ohne selbst Position zu beziehen, soll ebenfalls einer Lösung zugeführt werden. Denn beide Fragen lassen sich auf der Grundlage der Regelung, in der bereits im Wortlaut die Unterscheidung von Aufgabenzuweisungsnormen und Aufgabenbestimmungsnormen angelegt ist, beantworten.

  • Albert Ingold, München, Nochmals: Das Aufgabenübertragungsverbot (Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG) – Replik auf Andreas Meßmann, Das Aufgabenübertragungsverbot aus Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG: Hindernis für die Erweiterung bereits übertragener Aufgaben und die Ãœbertragung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft?, DÖV 2010, 726 ff.

    Die vielschichtigen Diskussionen um Reichweite und Anwendungsbereich des Aufgabenübertragungsverbots zeigen, wie bedeutsam das Thema in Theorie und Praxis ist. Auch unter Berücksichtigung der im vorangehenden Beitrag von Meßmann vorgebrachten Argumente ist jedoch an dem Verständnis festzuhalten, wonach bundesgesetzliche Ausgestaltungen von durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Selbstverwaltungsaufgaben nicht vom Regelungsansatz des Aufgabenübertragungsverbots aus Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG erfasst werden. Dieses Ergebnis fußt auf zwei zentralen Erkenntnissen, die nicht grundlegend erschüttert werden: Zum einen kann angesichts der unmittelbar kraft Verfassungsrecht normierten, institutionellen Selbstverwaltungsgarantie nicht von einer originären Aufgabenübertragung i.S.v. Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG ausgegangen werden (Ingold, DÖV 2010, 134 [136 f.]). Zum anderen ergeben systematische, teleologische und historische Auslegung der Vorschrift, dass bundesgesetzliche Ausgestaltungen des Gesetzesvorbehalts aus Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG – unabhängig von den Kontroversen um die Anforderungen an Aufgabenübertragungen – nicht den Bindungen des Aufgabenübertragungsverbots unterliegen.

Buchbesprechungen

  • Gregor Kirchhof, Die Allgemeinheit des Gesetzes – Ãœber einen notwendigen Garanten der Freiheit, der Gleichheit und der Demokratie (Ulrich Karpen)
  • Claudio Franzius, Gewährleistung im Recht (Helmuth Schulze-Fielitz)
  • Friedrich Schoch/Eberhard Schmidt-Aßmann/Rainer Pietzner (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung; Loseblatt-Kommentar (Herbert Bethge)

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen


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