Ausgabe 12/2011, Juni
Abhandlungen
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Michel Fromont, Paris, Souveränität und Europa: Ein Vergleich der deutschen und französischen Verfassungsrechtsprechung
Der Beitrag befasst sich mit der Rechtsprechung des französischen Conseil Constitutionnel und des deutschen Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des Unionsrechts. Dabei treten Unterschiede weniger im Souveränitätsverständnis beider Staaten als in der Verfassungsmäßigkeitsprüfung zutage.
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Andreas Dietz, Augsburg, Der Krieg der Zukunft und das Völkerrecht der Vergangenheit?
Für die „neuen Kriege“ des 21. Jahrhunderts sind vier Entwicklungen von Konfliktformen und Kampfmitteln charakteristisch, die im Kriegsvölkerrecht des 20. Jahrhunderts nicht mehr oder noch nicht berücksichtigt wurden: In asymmetrischen Konflikten fordern auf eigene Rechnung arbeitende Söldnerführer und Warlords das staatliche Gewaltmonopol heraus. Sie privatisieren und ökonomisieren den Krieg und lassen die Unterscheidbarkeit von Kombattanten und Nichtkombattanten vorsätzlich fallen. Gleichzeitig scheuen sog. postheroische Gesellschaften des Westens den hohen Blutzoll asymmetrischer Konflikte wie im Kosovo, in Afghanistan und in zahlreichen Regionen Afrikas. So neigen sie dazu, Söldner statt regulärer Soldaten einzusetzen und mit neuartigen Distanzwaffen wie Drohnen Menschenleben der eigenen Seite durch Materialeinsatz zu schonen, aber größere Kollateralschäden an Unbeteiligten in Kauf zu nehmen. Schließlich rüttelt der virtuelle „cyber-war“ an der Verteidigungsfähigkeit hochkomplexer industrieller Staaten, die bisher auf die Abschreckung realer Rüstung gebaut hatten. Der „Krieg im Netz“ mit Schadprogrammen wie Stuxnet entzieht sich bislang jeder völkerrechtlichen Regelung. So gelangt das staatenbasierte Kriegsvölkerrecht an seine Geltungsgrenzen. Wenn aber die Staaten nicht mehr die „Herren der Kriege“ sind, verlieren sie ihren Einfluss auch als Garanten des Friedens. Der folgende Beitrag stellt diese neuen Entwicklungen in ihren rechtlichen Zusammenhang und zeigt Lösungsansätze auf.
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Simon Sieweke, Hamburg, Die Hochschule als Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit – Zum gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum im Hochschulbereich im Hinblick auf die Organisationsvorgaben der Wissenschaftsfreiheit
Der Beitrag befasst sich mit den Vorgaben der Wissenschaftsfreiheit an die Ausgestaltung von Hochschulstrukturen. Unter kritischer Würdigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Hamburgischen Hochschulgesetz wird dargelegt, dass empirische Befunde zu den Wirkungen von Organisationsstrukturen für die verfassungsrechtliche Bewertung erforderlich sind. Des Weiteren werden die staatlichen Schutzpflichten aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bei Gefahrenpotenzialen dargelegt und aktuelle Gefahrenpotenziale erläutert.
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Jan-Erik Schenkel, Hamburg/Lüneburg, Verbietet Art. 95 Abs. 1 GG die Zusammenlegung von Landesgerichtsbarkeiten?
Die rechtspolitische Diskussion um die Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten ist nicht neu. Auch über die Erforderlichkeit einer Grundgesetzänderung wird bereits seit längerem gestritten; diese Frage hat hochaktuelle Brisanz gewonnen: Die im Koalitionsvertrag vorgesehene optionale Zusammenführung von Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit auf Länderebene bleibt wohl aus. Die Bundesregierung bewertet das Vorhaben ohne eine parallele Änderung des Art. 95 Abs. 1 GG, für die es zurzeit an einer politischen Mehrheit fehlt, als verfassungsrechtlich zu riskant. Bei näherer Prüfung dieser Vorschrift zeigt sich jedoch, dass die Vorsicht unbegründet und eine Grundgesetzänderung nicht erforderlich ist.
Buchbesprechungen
- Martin Kment, Grenzüberschreitendes Verwaltungshandeln – Transnationale Elemente deutschen Verwaltungsrechts (Wolfgang Weiß)
- Helge Sodan/Jan Ziekow (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsordnung – Großkommentar, 3. Auflage (Josef Franz Lindner)
- Walter Frenz,, Handbuch Europarecht; Band 6: Institutionen und Politiken (Alexander Schink)