Ausgabe 22/2014, November

Abhandlungen

  • Daniel Thym, Konstanz, Blaupausenfallen bei der Abgrenzung von Grundgesetz und Grundrechtecharta

    Grundrechte gehören zum Markenkern des deutschen Öffentlichen Rechts. Sie sind ein zentraler Inhalt der universitären Ausbildung, prägen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und sind der Gegenstand zahlreicher Qualifikationsschriften. Von daher überrascht es nicht, dass die großzügige Lesart des Anwendungsbereichs der Grundrechtecharta durch den Europäischen Gerichtshof in Åkerberg Fransson speziell in Deutschland ein breites Echo fand – bis hin zur Ultra-vires-Warnung des Bundesverfassungsgerichts. Der vorliegende Beitrag zeigt mit Blick auf jüngere EuGH-Entscheidungen und deutsche Debattenbeiträge, dass die Diskussion sich in Blaupausenfallen zu verfangen droht, wenn hergebrachte Denkmuster zur Anwendung kommen, die die Verständigung auf klare Abgrenzungskriterien erschweren. Dennoch scheint sich die EuGH-Spruchpraxis zu den Grenzen der Charta zu stabilisieren und für die Rechtspraxis einen komplexen, aber gangbaren Lösungsweg aufzuzeigen.

  • Christian Bauer/Margrit Seckelmann, Speyer, Zentral, dezentral oder egal? – Eine rechtliche und verwaltungswissenschaftliche Analyse der Aufteilung der Regulierungsaufgaben zwischen Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden

    Die Aufteilung der Regulierungsaufgaben zwischen Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden ist vor dem Hintergrund des dritten EU-Legislativpakets zum Binnenmarkt für Energie nicht unumstritten. Die EU-rechtlichen Vorschriften und die dahinterstehenden Regulierungsansätze wirken eher auf eine Zentralisierung von Regulierungsaufgaben hin, während das Grundgesetz und der traditionelle deutsche Verwaltungsaufbau eher zu dezentralen Vollzugstrukturen tendieren. Neben einer rechtlichen Bewertung der aktuellen Kompetenzverteilung werden aus verwaltungswissenschaftlicher Perspektive die Argumente für und gegen eine Beibehaltung der Aufgabenteilung zwischen Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden untersucht.

  • Walter Frenz, Aachen, 3%-Klausel als europäischer Mindeststandard beim Wahlrecht

    Das Bundesverfassungsgericht hat die eigentlich für die Europawahlen 2014 vorgesehene 3%-Hürde für grundgesetzwidrig befunden. Dies gibt Anlass, über einen europäischen Mindeststandard nachzudenken, der ein solches Ergebnis ausschließt, handelt es sich doch um einen Vorgang mit erheblichen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments und damit der in Art. 23 GG gewollten europäischen Integration. Neue Anhaltspunkte gibt auch die jetzige Bildung der Kommission Juncker, die dieser in der von ihm gewünschten Zusammensetzung am 10.9.2014 präsentierte.

  • Christoph Partsch/Kathrin Bär, Berlin, Die Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen im Falle widersprĂĽchlichen Verhaltens der Gemeinde

    Bebauungspläne können nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch eine von ihren Festsetzungen abweichende tatsächliche Entwicklung außer Kraft treten. Eine solche Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen wird von den Verwaltungsgerichten regelmäßig jedoch nur in eng begrenzten Einzelfällen angenommen. Ganz überwiegend liegt der Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans dabei ein durch aktives Tun oder durch Duldung geprägtes Behördenverhalten zugrunde, wie etwa bei wiederholten Befreiungen von den bauplanerischen Festsetzungen oder einer behördlich geduldeten planabweichenden Entwicklung. Inwiefern Bebauungspläne auch durch widersprüchliches Verhalten der Gemeinde, dem keine der eben beschriebenen Verhaltensweisen zugrunde liegt, funktionslos werden können, beleuchtet dieser Beitrag.

Bericht

  • Christina Meyer/Alexandra Adenauer, Bonn, Neunter Deutscher Hochschulrechtstag 2014 in Erlangen: Die kĂĽnftige Rolle der Fakultät, das Promotionsrecht und Franchising-Modelle in der Mediziner-Ausbildung im Konflikt

Buchbesprechungen

  • Sophie-Charlotte Lenski, Ă–ffentliches Kulturrecht – Materielle und immaterielle Kulturwerke zwischen Schutz, Förderung und Wertschöpfung (Max-Emanuel Geis)
  • Erk Volkmar Heyen, Verwaltete Welten – Mensch, Gemeinwesen und Amt in der europäischen Malerei (Michael Kilian)

Rechtsprechung

  • BVerwG, Strategische Beschränkung des Telekommunikationsverkehrs durch den BND; Zulässigkeit einer Feststellungsklage

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen

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