Ausgabe 2/2011, Januar

Abhandlungen

  • Günter Winands, Bornheim, Die „Gemeinschaftsschule“ in Nordrhein-Westfalen: Grenzen eines Schulversuchs

    Der von der neuen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen per Erlass auf den Weg gebrachte Schulversuch einer „Gemeinschaftsschule“ erfüllt mangels quantitativer Begrenzung nicht die schulgesetzlichen Voraussetzungen eines Schulversuchs und ist auch wegen des aus dem Rechtsstaats- und dem Demokratieprinzip folgenden Parlamentsvorbehalts für wesentliche Leitentscheidungen im Schulsystem verfassungswidrig. Zudem kann, jedenfalls nicht ohne einen regionalen Konsens mit betroffenen Nachbarkommunen, keine Auflösung bestehender weiterführender Regelschulen für eine auf sechs Jahre befristete „Versuchs-Gemeinschaftsschule“ erfolgen, vor allem nicht in solchen kleinen und mittleren Kommunen, die nur eine Haupt- und/oder Realschule besitzen. Unzulässig ist auch die Verwendung der Bezeichnung „Gemeinschaftsschule“, weil damit eine im Grundgesetz, der Landesverfassung und dem geltenden Schulgesetz feststehende Begrifflichkeit für eine Schulart, die nicht konfessionell geprägt ist, usurpiert wird.

  • Tristan Barczak, Münster, „Zeig mir dein Gesicht, zeig mir wer du wirklich bist“ – Zur religionsverfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Burka-Verbots unter dem Grundgesetz

    Am 13. Juli 2010, dem Vorabend des Nationalfeiertags des Bastille-Sturms, hat die französische Nationalversammlung das Verbot der „Verhüllung des Gesichts in der Öffentlichkeit“ auf den Weg gebracht. Damit soll die Ganzkörperverschleierung durch muslimische Frauen verhindert werden. Frankreich ist nach Belgien der zweite Staat in Europa, der ein Gesetzgebungsverfahren zu einem solchen Verbot eingeleitet hat. Entsprechende Gesetzentwürfe werden derzeit in der Schweiz, Spanien, den Niederlanden, Großbritannien und Österreich vorbereitet. Dieser Beitrag wird die religionsverfassungsrechtlichen Grenzen des Grundgesetzes für ein vergleichbares Verbot darlegen, das bisweilen selbst von ehemaligen wie amtierenden Bundesverfassungsrichtern auch für Deutschland gefordert wird.

  • Ulrich Jan Schröder, Münster, Die Griechenlandhilfen im Falle ihrer Unionsrechtswidrigkeit – Ein Beitrag zur Kollision von Unions- und Völkerrecht

    Die unionsrechtliche Zulässigkeit der Griechenlandhilfen und des umfassenderen Rettungsschirms sind stark umstritten. Welche Qualität hätten die zugrunde liegenden Vereinbarungen, wenn die No-bail-out-Klausel des Art. 125 Abs. 1 AEUV verletzt ist? Wären die Abkommen in diesem Fall überhaupt gültig? Da einerseits die Verfahren zur Vertragsänderung durch Art. 48 EUV abschließend ausgestaltet worden sind, andererseits im Völkerrecht die Grundsätze der Vertrags- und der Formfreiheit herrschen, könnte neben dem Unionsrecht gültiges Völkerrecht entstanden sein. Die Auswirkungen auf die Anwendbarkeit der für die Rettungsmaßnahmen erlassenen Bundesgesetzgebung sind alles andere als eindeutig.

  • Ulrike Quapp, Leipzig, Akkreditierung: Ein Abgesang auf die Wissenschaftsfreiheit? – Verfassungsmäßigkeit der Akkreditierung unter besonderer Betrachtung der rechtlichen Situation in Sachsen

    Der Bologna-Prozess und die mit ihm einhergehende Umstellung der Studienabschlüsse auf das Bachelor- und Mastersystem sowie die Einführung von Evaluierung und Akkreditierung binden in unvorstellbarem Maß personelle wie finanzielle Ressourcen der Hochschulen in ganz Deutschland. Die Kosten eines Akkreditierungsverfahrens für einen Studiengang belaufen sich auf 10.000 bis 15.000 Euro, wobei Bachelor und Master als separate Studiengänge beurteilt und abgerechnet werden. Bei einer größeren Hochschule entsteht schnell eine Belastung von insgesamt 400.000 bis 500.000 Euro für die Akkreditierung aller Studiengänge, die aus dem Hochschulhaushalt zu bestreiten ist. Angesichts der chronischen Unterfinanzierung der Hochschulen und weiterer angekündigter Sparmaßnahmen im Hochschulbereich muss die Frage erlaubt sein, ob das kostenintensive Institut der Akkreditierung rechtlich unbedenklich ist. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Akkreditierung wurden schon mehrfach geäußert. Im Folgenden soll eine Zusammenfassung des Meinungsstandes erfolgen und die rechtliche Situation in Sachsen auf der Grundlage des Sächsischen Hochschulgesetzes analysiert werden.

Buchbesprechungen

  • Carsten Kremer, Die Willensmacht des Staates – Die gemeindeutsche Staatsrechtslehre des Carl Friedrich von Gerber (Hans-Christof Kraus)
  • Aura María Cárdenas Paulsen, Ãœber die Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des Bun-desverfassungsgerichts – Analyse der Heranziehung ausländischer Judikatur (Heiko Sauer)
  • Friedrich Schoch/Eberhard Schmidt-Aßmann/Rainer Pietzner (Hrsg.), Verwaltungsgerichtsord-nung; Loseblatt-Kommentar (Stand: Mai 2010) (Herbert Bethge)
  • Andreas Heusch/Klaus Schönenbroicher (Hrsg.), Die Landesverfassung Nordrhein-Westfalen – Kommentar (Heinrich Amadeus Wolff)

Umfangreiche Rechtsprechung in Leitsätzen


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