Ausgabe 2/2010, Januar

Thematischer Schwerpunkt: Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Abhandlungen

  • Heinrich Amadeus Wolff, Frankfurt (Oder), De lege ferenda: Das Integrationskontrollverfahren – Diskussionsbeitrag zur Frage einer Fortbildung des Verfassungsprozessrechts nach dem Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 2009

    Das Bundesverfassungsgericht betont in seinem Urteil zum Lissabon-Vertrag seine Prüfungskompetenz bei der Einhaltung der Integrationsgrenzen durch das EU-Recht. Die Wahrnehmung der Prüfungskompetenz wird dabei nicht als eine theoretische Möglichkeit, sondern mehr als eine Ankündigung präsentiert. Dabei bittet das Gericht den Gesetzgeber um eine Prüfung, gegebenenfalls ein dafür selbstständiges verfassungsgerichtliches Verfahren zu schaffen. Die möglichen Ausgestaltungen eines solchen Integrationskontrollverfahrens sollen im Folgenden näher beleuchtet werden.

  • Wolfram Cremer, Bochum, Zum Rechtsschutz des Einzelnen gegen abgeleitetes Unionsrecht nach dem Vertrag von Lissabon

    Im Verfassungskonvent wurde vertieft über eine (substanzielle) Erweiterung der bislang in Art. 230 Abs. 4 EG geregelten (restriktiven) Klagemöglichkeiten des Einzelnen gegen Rechtsakte der EU diskutiert. Dabei konnte sich zwar die unter anderem erhobene Forderung nach einer europäischen Grundrechtsbeschwerde nicht durchsetzen, wohl aber hat man sich auf eine rechtsschutzfreundlichere Neufassung verständigt. Indes generiert Art. 263 Abs. 4 AEUV, der nunmehr die Individualklage gegen abgeleitetes Unionsrecht regelt, komplexe und vielschichtige Auslegungsprobleme, die nicht zuletzt in der missglückten Typisierung und Etikettierung der Rechtsakttypen nach dem Vertrag von Lissabon wurzeln. Die hier unternommene Analyse nimmt diese Herausforderung an und präsentiert durchaus handhabbare Auslegungsergebnisse.

  • Walter Frenz, Aachen, Verwaltungskooperation mit der Union im Lichte von Art. 197 AEUV und Lissabon-Urteil

    Die Verwaltungskooperation der Mitgliedstaaten mit der Union ist ein vielfältig behandeltes Thema – so unter dem Titel „Verantwortung und Effizienz in der Mehrebenenverwaltung“ auf der Staatsrechtslehrertagung 2006 mit dem Gesamtthema „Bundesstaat und Europäische Union zwischen Konflikt und Kooperation“. Durch Art. 197 AEUV und das Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich neue Aspekte im Hinblick auf eine weitere Etablierung und eine notwendige demokratische Rückbindung.

  • Dieter WiefelspĂĽtz, Berlin, Das Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts und das Wehrverfassungsrecht

    Das Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist von herausragender Bedeutung. Die beiden Hauptbotschaften des Urteils lauten: Die europäische Integration ist vom Grundgesetz gewollt und verfassungsrechtlich geboten. Die Identität des Verfassungsstaates Deutschland muss freilich im Verlauf des europäischen Integrationsprozesses gewahrt bleiben. Die zentralen Elemente des Wehrverfassungsrechts gehören jedenfalls nach Auffassung des Gerichts zum unantastbaren Kerngehalt des demokratischen Herrschaftssystems der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Kerngehalt ist integrationsfest. Das Bundesverfassungsgericht äußert apodiktisch und leider ohne nähere Begründung, der Auslandseinsatz der Streitkräfte sei „außer im Verteidigungsfall nur in Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit erlaubt (Art. 24 Abs. 2 GG)“. Diese These fasst die Einsatzmöglichkeiten der Streitkräfte im Ausland zu eng und wirft die Frage auf, ob nicht das Grundgesetz so geändert werden sollte, dass Auslandseinsätze bewaffneter deutscher Streitkräfte staatsrechtlich immer dann zulässig sind, wenn die Regeln des Völkerrechts den Einsatz erlauben.

Bericht

  • Miguel Azpitarte, Granada/Johann Justus Vasel, Bayreuth, „Der Aufbau des Europäischen Verfassungsrechts“ – Internationaler Kongress zu Ehren von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Häberle aus Anlass seines 75. Geburtstags am 14. und 15. Mai 2009 in Granada

Buchbesprechung

  • Sven Simon, Liberalisierung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge im WTO- und EU-Recht (Wolfgang WeiĂź)

Rechtsprechung

  • BVerfG, Urteil vom 30.6.2009 – 2 BvE 2/08 u.a. – Vereinbarkeit des EU-Reformvertrags von Lissabon mit dem GG

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